Eine Super-App bündelt verschiedene Funktionen, die der Nutzer häufig braucht, um den Zugriff auf die Funktion und den Wechsel zwischen den Funktionen zu erleichtern. Diese Vorteile können eine Bindung auf den Nutzer ausüben, besonders wenn sie weitere Vorteile wie vereinfachte Datennutzung oder Anmeldung beinhalten. Dennoch kann es leicht zu einem Nachteil werden, wenn die unabhängige App über Funktionen bzw. Merkmale verfügt, die vorteilhaft sind. Hier muss die Super-App reagieren, wenn zu viele Nutzer diese vermissen.

Es ist jedoch schwierig, eine solche App zu bauen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich ein Konzept eines Zusammenspiels von verschiedenen Funktionen zu überlegen und dieses umzusetzen. Die Architektur kann dann Funktionen ermöglichen und realisieren, die getrennte Apps nicht können. Aber ein solches Konzept ist schwierig zu erstellen und bedarf einer grundlegenden Idee.

Eine andere Möglichkeit ist es, ein eigenes Ökosystem zu bauen, welches diese Funktionalität bereitstellt. Dann kann der Markt kreativ werden und der Nutzer hat selbst die Möglichkeit, die für ihn notwendigen und geeigneten auszuwählen. Hier gibt es für den Ersteller des Ökosystems jedoch weniger Einfluss, in welche Richtung sich die Funktionen entwickeln und welche Funktionen letztlich angeboten werden. Nur fehlende Funktionen kann er noch selbst eigenständig ergänzen.

Welche Super-Apps gibt es schon?

Die erste Generation der Super Apps hat Funktionen vereint, die Nutzer häufig benötigen. Bspw. hat WeChat neben der Möglichkeit Nachrichten zu schicken, eine Bezahlfunktion und Bestellmöglichkeiten für Taxis, Lebensmittel oder Essen. Selbst Spiele sind möglich. Aber andererseits dürften diese Funktionen bei weitem nicht alles sein, was Nutzer von Ihrem Handy erwarten. Damit bleibt es eine App unter vielen, die eben für die vorhandenen Funktionen genutzt werden kann, sofern diese mindestens genau gut sind, wie in Stand-alone Apps.

Die zweite Generation an Super Apps kombiniert häufig gebrauchte Funktionen entlang einer Wertschöpfungskette. Klarna bspw. bietet alle Funktionen zum Shoppen, auch die Bezahlung und sogar das Konto oder die Kreditkarte, mit der dies durchgeführt werden kann. Dies hält den Nutzer für den gesamten Prozess des Einkaufens in der App und gibt daher sowohl den Shops als auch den Nutzern einen Anreiz, mit dieser App zu arbeiten. Allerdings ist dies immer noch nur ein kleiner Teil der genutzten Funktionalität, so dass noch genügend andere auf dem Handy verbleiben werden.

Die dritte Generation von Super Apps verbindet Themengebiete eines komplexen Themenbereichs zum besseren Verständnis des Nutzers und bildet ihn gleichzeitig auf diese Art und Weise weiter. Im Bereich Finanzen gibt es u.a. die Gebiete Banking, Kredite, Geldfluss/Budget, Vermögensverwaltung, Versicherung und Steuern, die sehr eng miteinander verbunden sind. Hier bietet es sich ebenfalls an, eine App für alles anzubieten, weil alle Gebiete auf zumindest einen Teil der gleichen Daten basieren.

Dies wird durch die Verbindung zwischen Budget und Vermögensbilanz sichtbar, sowie wie alle davon abgeleiteten Auswertungen einer professionellen Vermögensverwaltung. Außerdem durch Produkte, die mehrere Gebiete verbinden, bspw. fondsgebundene Versicherungen oder Bausparverträge. Zuletzt durch den gegenseitigen Einfluss, bspw. die unterschiedliche Besteuerung von Erträgen, Vermögensverwaltung samt Kreditaufnahme oder die Beurteilung der Rendite oder des Risikos der aktuellen Vermögensaufteilung.

Wo muss welche Funktion sein?

Interessant ist nun, dass die Funktion des Bezahlens in allen drei Generationen der Super-Apps vorkommen kann. Sogar eine Banking-App, die nur den Kontozugriff nach dem klassischen Online-Banking anbietet, ist denkbar. Damit ergibt sich die Frage, in welcher diese am besten aufgehoben ist, wo sie also den größten Vorteil für den Nutzer bringt. Aus meiner Sicht ist das nicht die Banking-App, weil diese nicht über die Daten verfügt, die zur Bezahlung notwendig sind. Diese Daten gibt es nur im Einkaufsprozess, weshalb die Funktionalität in einer App dieser Wertschöpfungskette am besten aufgehoben ist.

Damit wird deutlich, dass Super-Apps der ersten Generation einen weiteren Nachteil haben, den sie nicht leicht überwinden können. Jegliche Funktionen, die sie beinhalten, müssen nicht nur am besten umgesetzt sein, sondern darüber hinaus auch die den besten Datenzugang haben. Der erste Teil ist bereits kaum zu schaffen, weil sich die Welt verändert und Stand-alone-Apps wendiger und schneller sein können. Aber der letzte ist keine Frage der Erstellung der App, sondern eben der Datengrundlage, und diese lässt sich nicht beeinflussen. Die Super-Apps der zweiten und dritten Generation haben diesen nicht, weil sie nicht von der Funktion kommen, sondern von den Daten des Prozesses, zweite Generation, oder den Daten direkt, dritte.

Die Super-Apps der zweiten Generation sind in einem Wettbewerb um die Apps des Prozessbeginns. Diese bieten den Einstieg in den Prozess und verfügen letztlich über die Daten, die durch den gesamten Prozess benötigt werden. Im Ergebnis wird es langfristig für jeden Prozess einen Gewinner geben, der sich durchsetzt. Einfach, weil die App den Wettbewerbern überlegen ist. Allerdings könnte es länger dauern der Gewinner feststeht.

In der dritten Generation ist Breite gefragt

Super-Apps der dritten Generation konkurrieren zwar ebenfalls miteinander, allerdings ist es weniger ein Winner-Takes-It-All-Markt. Lösungen können weiterhin nebeneinander konkurrieren und einzig und alleine die Funktionalität und die Umsetzung gibt den Ausschlag, welche vom jeweiligen Nutzer bevorzugt wird. Spannend ist hier jedoch dennoch die Entwicklung über die Zeit, weil sich der Markt ebenfalls verändern kann und die Anforderungen und Wünsche der Nutzer einem Wandel unterliegen.

Dieser Wandel wird auf jeden Fall durch das Wissen und Verständnis der Nutzer geprägt. Es lohnt sich daher für eine Super-App, wenn sie nicht nur eine gewisse Funktionalität anbietet, sondern darüber hinaus Weiterbildung. Denn dadurch kann sie nicht nur den Wert der vorhandenen Funktionen einordnen, sondern den Nutzer auch von deren Notwendigkeit überzeugen. Dadurch werden Zusammenhänge klarer und es viele Ansatzpunkte gibt, das eigene Verständnis zu hinterfragen.

Fortgeschrittenen Nutzern reicht dagegen vielleicht ein Dashboard aus, weil der Aspekt der Weiterbildung keinen so großen Stellenwert mehr hat. Über dieses erhalten sie die notwendigen Informationen, um Schlüsse zu ziehen und aktiv werden zu können, falls es notwendig ist. Anfängern hingegen hilft ein spielerischer Ansatz mehr, bei dem sie nicht nur geführt werden, sondern auch Hilfestellungen erhalten.

Damit hängt die Ausgestaltung der Super-App im Wesentlichen vom Markt an, den die App abdecken möchte. Je reifer der Markt ist und je versierter damit die Nutzer sind, desto geringer muss der Aspekt der Weiterbildung berücksichtigt werden. Dies wird die Nutzererfahrung stark beeinflussen. Mit der Entwicklung des Marktes werden sich die Anforderungen verändern und die Super-App wird sich entweder mit den Nutzern entwickeln oder die Nutzer werden im Laufe Ihrer Entwicklung unterschiedliche Apps nutzen.