Es wird oft pauschal empfohlen, einfach immer in Aktien zu investieren, weil es keine guten oder schlechten Zeitpunkte gibt. Aber das ist nicht sinnvoll, denn das Risiko ändert sich! Es gibt also sehr wohl Zeitpunkte, die einfach besser sind als andere. Im Nachhinein lässt sich das auch gut belegen. Aber vielleicht erklärt es sich auch aus der Geschichte, die nachträglich das geschehene erklären soll. Das würde wiederum bedeuten, dass es nicht das Risiko ist, welches sich ändert. Woran lässt sich also das Risiko einer Situation bestimmen?

Die Frage ist, welche Anlageklassen gut oder zumindest besser in Frage kommen, deren aktuelles Risiko zu bestimmen. Am einfachsten erscheint dies bei Anleihen der Fall zu sein. Denn Anleihen sind sehr einfache Produkte. Sie bringen bis zum Ende der Laufzeit eine jährliche Rendite und am Ende der Laufzeit muss der Nennwert zurückgezahlt werden. Ein Risiko ist, das Emittent der Anleihe die Zinsen oder das geliehene Geld nicht zahlen kann. Aber dieses Risiko ist beherrschbar, weil es vom Emittenten abhängt.

Die Rendite hängt an den Zinsen

Wählst Du bspw. eine Staatsanleihe der Bundesrepublik Deutschland aus, kannst Du ziemlich sicher sein, dass Du Dein Geld mit dem Ablauf zurückbekommst. Allerdings auch nicht mehr und die Rendite für die Zeit ist mit dem Kauf unveränderlich. Die bedeutet jedoch nur, dass Du diese Rendite bis zum Laufzeitende erhälts, nicht, wie sie sich zusammensetzt. Solltest Du vorher verkaufen wollen, also Dein Geld früher zurückfordern, kann die Rendite für diesen Zeitraum höher oder niedriger liegen. Für den restlichen Zeitraum würde sich dies ausgleichen, aber dessen Rendite ist für Dich nicht mehr relevant, denn der Käufer erzielt sie, wenn Du verkaufst.

Die Kurse der Anleihen wiederum sind umgekehrt mit den Marktzinsen verbunden, weil die Marktzinsen der Rendite der Anleihe entsprechen, abgesehen vom Risikoaufschlag. Steigen nun die Marktzinsen, fallen die Kurse der Anleihen, weil damit die Rendite für einen Käufer steigt. Fallen die Marktzinsen, steigen die Kurse der Anleihen, weil damit die Rendite für einen Käufer ebenfalls fällt. Das Risiko für einen Käufer von Anleihen besteht damit immer in steigenden Zinsen. Dies bedeutet fallende Kurse und ein zwischenzeitlicher Verkauf wäre mit einem Verlust behaftet, der sogar die bis dahin gezahlten Zinsen übersteigen kann.

Das Risiko einer Anleihe hängt daher mit den aktuellen Marktzinsen zusammen. Je größer die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung ist, desto größer ist auch das Risiko einer Anleihe. Allerdings hilft das noch nicht sonderlich weiter, weil er kaum abzuschätzen ist, wie sich die Zinsen entwickeln. Allgemein werden die Zinsen erhöht, wenn die Wirtschaft droht zu überhitzen, also in Zeiten einer hervorragenden wirtschaftlichen Situation. Aber auch das nützt nur bedingt etwas.

Das Risiko hängt an der Höhe des Marktzinses

Die absolute Höhe der Zinsen kann jedoch aufschlussreich sein. Ein Zins von 10% wäre damit mit einem geringeren Risiko für Zinssteigerungen behaftet, als einer in Höhe von 5%. Interessant wäre auch der durchschnittliche Zins der letzten 100 Jahre. Lag dieser bei 5%, wären alle Zinsen darunter gefährlich, falls der Zins wieder auf den Durchschnitt steigt. Mit einem besonderen Risiko behaftet ist jedoch ein Zins von 0%, weil es von dort aus überhaupt nur noch steigen kann.

Je geringer der Zins ist, umso größer ist also das Risiko. Wenn der Zins bei 0% liegt, solltest Du keinen Teil davon in Anleihen investieren, weil es keine Zinsen gibt und die Zinsen nur steigen können. Im Gegensatz dazu könnte ein Zins von 20% durchaus dazu einladen, mehr in Anleihen zu investieren, sofern der Staat nicht pleite zu gehen droht. Denn dann werden die Zinsen fallen und angenehme Überrenditen erzielen. Eine höhere Gewichtung als üblich wäre in einem solchen Fall angebracht.

Im Ergebnis macht es deswegen durchaus Sinn, den Markt zu timen. Also die Gewichtung der einzelnen Anlageklasse davon abhängig zu machen, welche Situation des Marktes vorliegt. Bei Anleihen ist es aufgrund der Abhängigkeit der Renditen von den Marktzinsen einfach. Der Aktienmarkt dagegen stellt den Anleger vor größere Herausforderungen, weil die Indizes einfach nur die Kurse abbilden. Steigende Kurse sind also bei steigenden Gewinnen in einem wachsenden Markt durchaus zu erwarten.

Der Aktienmarkt ist nicht anders!

Andererseits sollte es nicht vorkommen, dass der Aktienmarkt sich immer besser entwickelt, als die Wirtschaft an sich. Es kann sein, dass der Aktienmarkt in manchen Jahren mehr also die Wirtschaft wächst. Aber dafür sollte er ebenso einige Jahren schlechter abschneiden, damit die Abweichung nicht zu groß wird. Denn irgendwann werden sich beide Bewertungen wieder annähern, in die eine oder andere Richtung. Niemand vermag vorherzusehen, wie schnell das geschehen wird oder in welcher Form es passiert, aber auf lange Sicht wird sich das Gleichgewicht wieder einstellen.

Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass die Wirtschaft jedes Jahr um genau 2% wächst. Das wäre zu begrüßen, bedeutet es doch, dass die Umsätze aller Unternehmen in Summe um  2% steigen. Verändert sich die Produktivität nicht, die Kosten erhöhen sich ebenfalls um 2%, dann steigt der Wert der Unternehmen auch um 2%. Wenn nun jedoch aus irgendeinem Grund die Kurse um 10% steigen, dann profitieren auf jeden Fall die Aktienbesitzer. Sie haben entweder Werte gehoben, weil die Aktien vorher zu niedrig bewertet waren. Oder sie können die Überbewertung nutzen, weil Aktien nun zu hoch bewertet sind.

In jedem Fall jedoch ist das Risiko gestiegen, eben weil die Aktien stärker als der Markt gestiegen sind. Das muss nicht schlimm sein, weil es eben schwer ist, den Wert einer Aktie und erst recht eines Indexes exakt zu bestimmen. Aber wenn der Markt viele Jahre in Folge stärker gestiegen ist, dann ist das Risiko sicherlich höher. Ist er dagegen stärker gefallen, dann ist auch das Risiko gesunken. In ersterem Fall ist eine Reduzierung der Gewichtung von Aktien ratsam, in letzterem eine Erhöhung der Gewichtung.

(Wohn-)Immobilien sind leichter zu bewerten!

Bei Immobilien kommt es sehr auf die Art der Immobilie an, wie einfach oder schwer der Wert zu bestimmen. Bei Wohnimmobilien ist es jedoch relativ einfach, weil die Rendite mit den Mieten gut zu kalkulieren ist. Außerdem sind die Baukosten gut abzuschätzen, die immer eine untere Grenze für den Wert der Immobilie darstellen. Im Ergebnis lässt sich das Risiko deshalb gut am Preis festmachen, abgesehen vom Risiko des Gebäudes an sich.

Wenn für eine vernünftige Rendite der Wert einer Wohnimmobilie bei 20 bis 25 Jahresmieten liegen sollte, dann sind 30 eher zu hoch und 10 zu wenig. Das Risiko für fallende Preise ist bei 30 deutlich höher als bei 10, wo die Preise sogar langfristig steigen sollten. Es bedeutet nicht, dass eine Immobilie verkauft werden muss oder sollte, weil viele durch den Geldfluss und die Kredite bestimmt wird. Aber wenn die Gewichtung der Anlageklasse Immobilien zu senken, wenn die Bewertung hoch ist, oder zu steigern, wenn die Bewertung niedrig ist, ist angeraten.

Die betrachteten Anlageklassen zeigen damit deutlich, dass sich das Risiko verändert und durchaus von Markt abhängt. Gleiches gilt für alle anderen Anlageklassen ebenso, bspw. Rohstoffe. Insofern solltest Du realisieren, dass reines passives Investment Chancen liegen lässt und in manchen Marktphasen zu hohe Risiken zur Folge hat. Denn das Risiko ändert sich und Timing lohnt sich!