Aktien können zu teuer sein, was nicht ausschließt, dass sie weiter steigen. Dennoch kann es Dir helfen, um das Risiko einzuschätzen, welches mit einer Investition in Aktien einhergeht. Denn neben dem Preis, für den sie an der Börse gehandelt werden, haben sie einen Wert. Dieser Wert verändert sich jedoch üblicherweise nicht jeden Tag, sondern höchstens der Preis. Ein niedriger Preis ist im Verhältnis zum Wert daher immer vorteilhaft gegenüber einem höheren, entsprechend geringer ist das Risiko.

Eine Investition in eine Aktie ist zwar immer noch etwas völlig anderes als in einen Aktienfonds, ob aktiv oder passiv gemanagt, weil sie sich viel stärker bewegen kann. Aber wenn der ganze Markt steigt oder fällt, kann sich dem eine einzelne Aktie selten völlig entziehen. Daher gilt für jede Aktien wie für den Markt als Ganzes, dass das Risiko mit der Höhe der Bewertung steigt. Deshalb ist es in jedem Fall wichtig, ein Gefühl dafür zu haben, wie der Markt aktuell bewertet ist und damit wie das Risiko einzuschätzen ist.

Der Zusammenhang mit dem Bruttoinlandsprodukt

Es gibt unzählige Varianten, den Preis eines Indexes einzuschätzen. Am naheliegendsten ist das Verhältnis aus Preis zum freien Geldfluss jeder enthaltenen Aktie, weil der Wert einer Aktie durch die abgezinsten Geldflüsse bestimmt wird. Aber die Geldflüsse über mehrere Jahre in die Zukunft zu bestimmen ist nicht einfach. Statt der freien Geldflüsse könnten auch die Gewinne genutzt werden, bei denen jedoch mehr Gestaltungsspielraum für die Unternehmen vorhanden ist. Außerdem ist die Prognostizierbarkeit für Gewinne nicht besser als für freie Geldflüsse.

Warum also nicht eine einfachere Kennzahl als Bezugsgröße wählen, wie das Bruttoinlandsprodukt? Dieses wird vom Staat ermittelt und kann direkt verwendet werden. Schwieriger ist es dann schon, die geeignete Bezugsgröße für die Unternehmen auszuwählen. Der Aktienmarkt ist bereits eine Beschränkung auf Unternehmen, die an den Börsen gehandelt werden. Dort wiederum bilden Indizes nicht alles Unternehmen ab, sondern wiederum nur eine Auswahl. Dennoch kann das Verhältnis eine große Aussagekraft haben, zumal es nicht um Perfektion geht, sondern eine grundsätzliche Aussage.

Es gibt 2 Aktienindizes, die besonders geeignet sind, um mit dem amerikanischen Bruttoinlandsprodukt (GDP) verglichen zu werden. Dies ist zum einen der Dow Jones Industrial Average, kurz Dow Jones, der heute aus den Durchschnittskursen von 30 der größten Unternehmen berechnet wird. Er wird leicht modifiziert seit 1884 berechnet, diese lange Verfügbarkeit ist ein großer Vorteil bei der Verwendung. Der andere Index ist der S&P 500, der aus den 500 größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung besteht. Aus wissenschaftlicher Sicht sollte er aufgrund der Berechnung eine deutlich bessere Aussagekraft haben, aber die Größe einiger Technologie-Unternehmen verzerrt das Bild aktuell ein wenig.

Die Verhältnisse schwanken deutlich

In der folgenden Grafik wird nun das Verhältnis des Bruttoinlandsprodukts zum Dow Jones und dem S&P 500 dargestellt. Für den Dow Jones wird das Verhältnis beginnend ab 1929 verwendet, für den S&P 500 erst ab dem Jahr 1950. Beide Verhältnisse sind so normiert, dass deren Wert 1950 exakt 100 beträgt. Durch das Verhältnis des Dow Jones im Jahr 1929, direkt vor dem Crash bis zum Jahr 1932, in dem es von 465 auf 190 fällt, ist die Überbewertung von Aktien gut zu sehen. Letztlich hat es bis zum Jahr 1950 gedauert, bis das Verhältnis wieder nachhaltig steigen konnte. Die kleinen Hügel zwischenzeitlich waren nachträglich betrachtet nur Strohfeuer.

Aktien können zu teuer sein!

Interessant ist auch, dass sich das Verhältnis des S&P nicht sonderlich unterschiedlich zu dem des Dow Jones bewegt. Sicherlich liegt es über die Zeit meistens etwas höher, aber es gibt durchaus Zeitpunkte bzw. Jahre, an denen es wieder unter das Verhältnis des Dow Jones rutscht. Wichtig ist jedoch, dass das Verhältnis des Dow Jones zwischen 1941 und 2018 immer zwischen 40 und 170 lag, das des S&P 500 zwischen 1950 und 1997 zwischen 50 und 190. Mit diesen Bandbreiten als Grundlage reicht es aus, schon die Nähe der oberen Begrenzung als hohe Bewertung zu betrachten und die Nähe der unteren als niedrige. Entsprechend sind die Bewertungen nach den 1960er Jahren in beiden Varianten anschließend gesunken und nach den 1980er Jahren gestiegen.

DotCom-Euphorie war hoch, heute ist höher!

Es ist zumindest schön zu sehen, dass alle Krisen deutlich in den Verhältnissen zu sehen sind. Sowohl 1929, mit der folgenden schwerer Depression, als auch die 2000er Jahre mit der folgenden DotCom-Krise. Die Öl-Krise 1973 und die Finanzkrise 2007/2008 etwas schwächer, weil der Absturz von keinem Hoch aus dem Verhältnis erfolgt ist. Aber wie verhält es sich mit dem rechten Rand der Grafik, in der sowohl der S&P als auch der Dow Jones, letzterer weniger deutlich, ihr Band nach oben verlassen haben?

Nach meiner Einschätzung wird es bereits kurz- oder mittelfristig dazu führen, dass die Verhältnisse wieder in die Bandbreiten zurückkommen werden. Ob es einen Stopp an der oberen oder erst an der unteren Grenze geben wird, wird nur die Zukunft zeigen. Ebenso, wann dies der Fall sein wird. Aber es scheint offensichtlich, dass die Risiken einer Investition in den Aktienmarkt aktuell höher sind als zu weiten Teilen der letzten knapp 100 Jahre. Außerdem ist die Auswahl der 30 Titel des Dow Jones anscheinend noch weniger überbewertet als die der 500 Titel des S&P 500 insgesamt. Eine Beschränkung auf die 493 Titel ohne die glorreichen 7 (Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon, Meta, Tesla and Alphabet) führt die Bewertung erheblich zurück.

Solltest Du jetzt noch in den Aktienmarkt investieren? Nun, niemand weiß, wann die Bewertung kippt oder wie lange es dauert, bis sie gefallen ist. Vielleicht steigt sie auch immer weiter oder bleibt auf diesem Niveau. Nun, die Erfahrung spricht dagegen. Deshalb wäre ich vorsichtig, jetzt den Anteil amerikanischer Aktien in der Vermögensaufteilung deutlich zu erhöhen. Wer einen großen Anteil seines Vermögens dort seit längerem investiert hat, kann durchaus ein paar Gewinne mitnehmen. Wer jedoch mittels Sparplänen anfängt langfristig zu sparen, braucht sich weniger Gedanken um das aktuelle Hoch zu machen. Ein zwischenzeitlicher Rückgang der Kurse wäre sogar gut für die Rendite!