Die folgende Grafik macht deutlich, dass sich Timing unglaublich lohnen kann. Wer kontinuierlich seit Sep. 1978 im DAX investiert war, hat in 10.000 Tagen bis Mitte Aug. 2017 eine Rendite von 8,1% pro Jahr erzielt (mittlere Linie). Wer nur die 50 besten Tage verpasst hat, kommt auf jämmerliche 0,3% (untere Linie). Dies ist die Argumentation der Fondsindustrie immer investiert zu sein. Nicht verwunderlich bei einem Gebührenmodell, welches am investierten Vermögen partizipiert. Timing lohnt sich nicht, soll die Aussage sein, denn wie schnell sind diese Tage verpasst.
Was meistens vergessen wird zu erwähnen, ist die andere Sichtweise. Die Rendite hätte 17,3% pro Jahr betragen, wenn die 50 schlimmsten Tage ausgelassen würden (obere Linie). Dies ist sogar eine deutlichere Veränderung als im umgekehrte Fall, weil die Abwärtsbewegung meistens steiler als die Aufwärtsbewegung ist. Timing lohnt sich also sehr wohl, wenn es richtig gemacht wird.
Dies löst allerdings nicht das Problem, dass es unmöglich ist vorher zu wissen, wann diese Tage zukünftig sein werden. Aber es macht deutlich, dass jede Aussage daraufhin untersucht werden muss, ob die Interessen gleichgerichtet sind. Wenn nicht, so ist unbedingt Vorsicht angebracht.
Wie Timing sich lohnt
Timing ist also möglich und die Chancen, welche sich daraus ergeben, muten phänomenal an. Allerdings sind sie schwer zu berechnen, weil die von mir gewählte Vorgehensweise nicht ohne Glaskugel umgesetzt werden kann. Es wird daher unweigerlich dazu kommen, dass mehrere Tage am Stück ausgelassen werden müssen, was wiederum zur Folge hat, dass neben den hoffentlich negativen auch ein paar positive verpasst werden. Denn oft liegen extrem gute Tage direkt nach extrem schlechten und umgekehrt. Dies mindert den vorteilhaften Effekt der Renditesteigerung wieder ein wenig ab.
Weiterhin sind die Transaktionskosten zu berücksichtigen. Für jeden Verkauf und anschließenden Kauf fallen Kosten an, welche den gewünschten Effekt ebenfalls mindern. Dies erhöht die Schwierigkeit des erfolgreichen Timings weiter, sollte aber keinesfalls als Begründung genutzt werden, es überhaupt nicht zu versuchen. Alle erfolgreichen Händler / Trader timen und selbst viele erfolgreiche Anleger, welche ihre Signale für Timing aus der Bewertung der Unternehmen ableiten.
Die Frage ist jedoch, wie Timing genutzt werden kann. Tageweises Timing ist teuer und schwierig, also müssen es vermutlich längere Zeiträume sein. Das lässt sich aber nicht mehr gut testen, weil es im Nachhinein leicht festzustellen, aber nur schwer vorherzusagen ist. Der Vorteil ist jedoch, dass die Bedeutung der Emotionen der Marktteilnehmer abnehmen, je länger die betrachteten Zeiträume sind.
Wann Timing sich lohnt
Interessante Zeiträume für Timing gibt es einige, dafür muss jedoch festgelegt werden, von welchen Bewegungen überhaupt profitiert werden soll. Wenn der DAX im Jahr 2000 über 8.000 Punkte steht, im Jahr 2003 nur noch knapp über 2.200 Punkten, dann will ich nicht investiert gewesen sein. Bis 2007 wieder hoch auf über 8.000 Punkte war dafür eine gute Investition. Wer den kompletten Rückgang von fast 75% oder zumindest Teile davon umgeht, steigert seine Rendite erheblich.
Gleichzeitig sind das jedoch die am besten zu erkennenden Gelegenheiten, um den Markt zu timen. Sowohl 2000 als auch 2007 ware der DAX stark überbewertet, ein Ausstieg also gut begründbar. Das kann zwar auch schon vorher der Fall gewesen sein, aber das ist genau die Problematik beim Timing. Ziel ist es jedoch nie, beim Hoch auszusteigen und bei Tief wieder zurück in den Markt zu gehen. Ebenso wenig beim täglichen Timing alle negativen Tage auszulassen. Es geht nur darum, die Rendite zu verbessern.
Es gibt genügend professionelle Anleger, die nachgewiesenermaßen den Markt erfolgreich getimt haben. Und es gibt viele Märkte. Steve Eisman, Greg Lippman und Michael Burry haben gegen Immobilien gewettet, Soros gegen das Pfund und Buffet gegen Tech-Aktien. Alle haben ordentlich Geld verdient, aber solche Gelegenheiten gibt es auch nicht jeden Tag. Als Fazit hilft es, sich in vielen Märkten auszukennen und auf Gelegenheiten zu warten. Wenn sich eine ergibt kannst Du zeigen, dass Timing sich lohnt!