Auf den ersten Blick scheint es verlockend, ein monatliches Einkommen zu erzielen, um damit die laufenden Kosten zu decken. Das gilt umso mehr, als wir es gewohnt sind und (in den meisten Fällen) in diese Richtung erzogen werden. Denn viele Kosten werden auf Basis eines Monats abgerechnet: Die Miete ist in der Regel monatlich zu zahlen, und Ausgaben für Strom, Gas und Wasser werden mit monatlichen Abschlägen auf diesen Turnus gebracht. Selbst der Staat greift bei der Lohnsteuer mit monatlichen Vorauszahlungen zu, anstatt die Steuererklärung abzuwarten und den jährlich fälligen Betrag zu kassieren.

Aber nur, weil Du monatlich gewisse Ausgaben hast, bedeutet das noch lange nicht, dass Du auch ein regelmäßiges passives Einkommen benötigst. Genauso, wie Du vermutlich öfter als einmal im Monat Lebensmittel einkaufst, wirst Du durchaus in der Lage sein, einen größeren Geldbetrag über den Monat zu verteilen. Also nicht am Monatsersten alles für Konsumgüter zu verprassen, nur weil Geld auf dem Konto verfügbar ist. (Wenn Du bereits damit ein Problem hast, hast Du es aber vermutlich auch nicht geschafft, bislang ein größeres Vermögen anzuhäufen – das ist aber zumindest eine Voraussetzung, um sich mit der Möglichkeit eines passiven Einkommens auseinanderzusetzen.)

Auf die Liquidität kommt es an!

Solange Du also zu jedem Zeitpunkt über genügend Liquidität verfügst, reicht das völlig aus. Ob Du monatlich genau 3.000 EUR ausgezahlt bekommst, jährlich 36.000 EUR oder gar alle 5 Jahre 180.000 EUR macht keinen Unterschied, wenn es um die Deckung des täglichen oder monatlichen Bedarfs geht. Der Unterschied liegt einzig und allein in der Rendite, die Du mit Deinem gesamten Vermögen erzielst. Wenn Du Deine 180.000 EUR auf dem Girokonto parkst, ist die Rendite daraus leider äußerst überschaubar.

Aber nehmen wir an, das Vermögen beträgt eine Million EUR. Es ist komplett in Indexfonds angelegt, und die durchschnittlich jährlich erzielte Rendite beträgt 5% vor Steuern. Das entspräche einem Einkommen von 50.000 EUR pro Jahr oder gut 4.165 EUR pro Monat. Entschiede sich nun jemand, alle 5 Jahre Vermögen in Höhe von 180.000 EUR Netto zu entnehmen, welche Folgen hätte dies für sie oder ihn?

Dafür muss zuerst einmal spezifiziert werden, welches Brutto dafür benötigt wird. Dies hängt davon ab, wie lange man schon in die Indexfonds investiert ist und welche Buchgewinne bisher aufgelaufen sind. Trifft man die Annahme, dass die Person 30 Jahre investiert ist, entspricht das bei einer Rendite von 5% pro Jahr einer guten Vervierfachung des Vermögens. Exakt sind aus 1.000 EUR durch die Wertentwicklung 4.322 EUR geworden, so dass davon 3.322 EUR als Ertrag mit Kapitalertragssteuer von 25% zzgl. Solidaritätszuschlag zu versteuern sind.

Eine Entnahmen muss kein Problem sein

Dies führt dazu, dass der Investor 225.000 EUR verkaufen muss, wovon 52.100 EUR eingezahltes Kapital und daher nicht zu versteuern sind. Von den verbleibenden 172.900 EUR geht eben die Steuer in Höhe von 45.600
EUR oder gut einem Viertel ab, so das der gewünschte Betrag von 179.400 EUR zur Verfügung steht. Auf die fehlenden 600 EUR können wir getrost verzichten, ohne die Ergebnisse zu verfälschen. Zumal die Rendite niemals exakt 5% betragen wird, sondern – je nach Jahr – eben mehr oder weniger.

Von der ursprünglich investierten Million EUR in Aktien wären nach dem Kauf nur noch 775.000 EUR vorhanden. Diese werden sich jedoch in 5 Jahren wieder auf knapp 919.500 EUR vermehren, wenn die Entwicklung weiterhin durchschnittlich ist. (Auf den genauen Betrag kommt es letztlich nicht an, jeder Betrag in Höhe von einer Million EUR oder mehr ergäbe letztlich keinen Verzehr, sondern eine Entnahme im Äquivalent zu passivem Einkommen.) In diesem Fall reicht eine Rendite in Höhe von 5% dafür nicht aus, weshalb dies einem Verzehr in Höhe von knapp 80.500 EUR entspricht. Dieser Verzehr steigt mit den Jahren an, so dass die letzte Entnahme nach 25 Jahren vorgenommen werden könnte und wiederum für 5 Jahre langt. Nach 30 Jahren wäre das ursprüngliche Vermögen in Höhe von einer Million EUR damit bis auf einen Puffer von gut 32.000 EUR verbraucht.

Stellt sich natürlich noch die Frage, welche Kurse zu den jeweiligen Verkaufszeitpunkten vorliegen und ob sie vor- oder nachteilhaft sind. Da solch ein Verkauf nur alle 5 Jahre notwendig ist, sollte es jedoch nicht zu Tiefstkursen geschehen. Sind diese tatsächlich sehr tief, so kann der Zeitraum verkürzt und die Entnahme damit verringert werden, stehen die Kurse sehr hoch, kann durchaus auch mal vorzeitig verkauft werden.

Puffer sind wichtig!

Eine Rendite von lediglich 5% vor Steuern enthält zudem noch einen gewissen Puffer, da sowohl deutsche als auch amerikanische Aktien in den letzten Jahrzehnten deutlich besser rentiert haben. Der Betrag von einer Million EUR ist nur noch gering, weil gut 32.000 EUR auf 30 Jahre nicht viel sind. Inwiefern das benötigte monatliche Budget knapp oder konservativ und komfortabel gerechnet wird, bleibt jedem selbst überlassen. Im Beispiel habe ich die genannten 3.000 EUR monatlich mit einem vorhandenen Puffer angesetzt.

Zuletzt ist die Liquidität in Höhe der Lebenshaltungskosten für 5 Jahre ein gewisser Puffer, weil dafür keine Erträge angesetzt sind. Selbst mit 3% Zinsen auf Festgeld kann damit noch ein Ertrag in Höhe von 54.000 EUR pro Jahr erzielt werden, so dass der Verzehr von gut 80.000 EUR auf gut 26.000 fällt. Damit verlängert sich der Zeitraum um 5 weitere Jahre auf 35 Jahre und der Finanz-Puffer steigt um knapp 6.000 EUR. Wer etwas mutiger anlegt und/oder höhere Zinsen erzielt, vergrößert den Puffer noch weiter.

Aus diesem Grund müssen keine ausschüttenden Fonds genutzt werden, und es reichen ETFs auf Performance-Indizes. Also solche, welche die ausgeschütteten Dividenden mit einrechnen. Es müssen ebenso keine keine Dividenden-ausschüttenden Aktien sein. Und: Jedes Unternehmen ist gut, das selbst gute Investitionsmöglichkeiten findet. Ein gutes Beispiel dafür (und wirklich nur ein Beispiel und keine Anlageberatung) ist das Unternehmen Berkshire Hathaway, das jedes Jahr enorme Einnahmen aus Ausschüttungen erhält, aber noch nie selbst ausgeschüttet hat. Dennoch lag die Wertentwicklung der letzten 50 Jahre bei ungefähr 20% pro Jahr und damit ungefähr doppelt so hoch wie der Vergleichsindex S&P 500.

Vermögen kann passives Einkommen ersetzen

Passives Einkommen als Gedanke(-nspiel) macht zweifellos Sinn. Dennoch sollte das Hauptaugenmerk auf der Wertentwicklung des Gesamtvermögens liegen und nicht auf regelmäßigen Entnahmen oder sonstigen Restriktionen. Diese sorgen nur für mehr Komplexität. 

Deswegen vergiss jeden Gedanken zu passivem Einkommen und versuch stattdessen, Dich alleine darauf zu konzentrieren, das benötigte Vermögen anzusparen. Wer aus Gründen der Diversifikation noch Immobilien, Edelmetalle, Oldtimer, Kunst oder Sonstiges beimischen möchte, kann dies selbstverständlich tun. Aber niedrigere Renditen machen ein höheres Vermögen notwendig, und die passgenaue Entnahme ist nirgends so einfach wie bei liquiden Indexfonds, die täglich in großem Volumen gehandelt werden.