Die Unterscheidung zwischen Investieren oder Spekulieren ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn es gibt keine vernünftige Definition, an der Du Dich orientieren könntest. Es wird zwar oft vom Anlagehorizont gesprochen, aber das greift zu kurz. Denn nur, weil Du etwas für die nächsten 10 Jahre halten möchtest, macht es nicht automatisch zu einer Investition. Es könnte trotzdem noch eine Spekulation sein, nur eben eine langfristige, in Abhängigkeit Deiner Anlage.

Aber auch das Produkt ist nicht alleine ausschlaggebend. Denn selbst wenn ein Investor Futures auf den DAX im Wert von 1 Mio. EUR verkauft, wäre es nicht eindeutig. Es käme auf sein Vermögen bzw. auf die Verteilung dessen auf Anlageklassen an. Hat er nur geringes Vermögen, ist es durchaus eine Spekulation und er läuft Gefahr, alles zu verlieren. Wenn er gleichzeitig eine weitere Million in Aktien investiert hat, sicher er seine Position lediglich ab. Im Prinzip geht er also komplett aus dem Markt und das ist eher das Gegenteil von Spekulation. Zumindest aus Sicht eines neutralen Marktbeobachters.

Was eignet sich als Kriterium?

Deshalb können weder die Anlagedauer noch die Anlage an sich als Kriterium eingesetzt werden, um die Unterscheidung zwischen Investieren oder Spekulieren vornehmen zu können. Ebenso könnte es umgekehrt sein, dass Du einfach nur wissen musst, was Du tust. Wenn Du etwas kaufst, von dem Du glaubst sicher zu sein, dass Du weniger als den Wert bezahlst, ist es eine Investition. Hoffst Du nur auf Kursgewinne, ist es Spekulation. Aber die Unterscheidung zwischen Wissen und Glauben ist nicht viel einfacher, weil es keine Sicherheit gibt.

Die Frage ist also, wie sicher Du Dir bist, dass Du die Anlage richtig einschätzt. Wie genau hast Du Dich mit der Anlage beschäftigt und welche Szenarien der Zukunft hast Du in Deine Überlegungen mit einbezogen. Denn vielleicht übersiehst Du etwas und liegst falsch. Oder der Markt wird sich verändern und andere Marktteilnehmen haben das schon bei ihrer Bewertung berücksichtigt. Zuletzt kann sich auch die Situation der Wirtschaft ändern oder die politischen Rahmenbedingungen. Was passiert in einem solchen Fall mit Deiner Anlage?

Die Anlage wird sich dann vielleicht nicht so entwickeln wie erhofft, vielleicht wirst Du sogar Geld verlieren. In diesem Fall ist es vielleicht aus dem Gesichtspunkt der Geldanlage eine Investition, aber im Ergebnis kann es doch eine Spekulation sein. Das hängt davon ab, welchen Teil Deines Vermögens es betrifft. Hast Du Dein ganzen Geld in die Anlage gesteckt und es ist in einem solchen Fall verloren, dann ist es Spekulation. Ist es jedoch nur eine Anlage unter vielen, deren Verlust Du zumindest finanziell gut verkraften kannst, ist es wirklich eine Investition.

Die Diversifikation muss ausreichend sein!

Letztlich ist es die Kombination aus Anlage und möglichen Zukunftsszenarien, die eine Anlage am besten zwischen Investieren oder Spekulieren unterscheidet. Wenn Dich eine Anlage finanziell in Bedrängnis bringen kann oder Dich in den Bankrott treiben kann, ist es Spekulation. Ebenso, wenn es ein Szenario in der Zukunft gibt, für welches das gleiche gilt, ist es ebenfalls Spekulation. Letzteres kann leichter passieren, als es für alle möglichen Varianten der Zukunft ausgeschlossen werden kann.

Selbst wenn Du also viele verschiedene Anlagen besitzt, sogar in verschiedenen Anlageklassen, kann es Dir passieren, dass es ein Ereignis in der Zukunft gibt, welches sie alle negativ beeinflusst. Du kannst Dich natürlich darauf verlassen, einfach breit genug zu streuen und zu hoffen, das die Diversifikation ausreicht. Aber so bist Du nicht sicher, dass das der Fall ist. Denn leicht hat Du eine Überzeugung, was in Zukunft passieren wird und dann die Anlagen daran auszurichten. Sollte es kommen wie geplant, werden sich Deine Anlage gut entwickeln. Aber wenn nicht, wer weiß.

Dafür musst Du Dir intensiv Gedanken machen, was alles passieren könnte. Es gibt die naheliegenden Situationen, die Wirtschaft wächst oder schrumpft, oder die Zinsen verändern sich stark. Schreibe einfach so viele Situationen wie möglich auf. Anschließend musst Du Deine Anlagen darauf prüfen, wie sie sich in jeder Situation verändern würden. Dir wird schnell auffallen, ob eine Situation problematisch werden könnte. Aber auch, wie unterschiedlich Deine Anlagen reagieren.

Die Beschäftigung mit den Anlagen ist wichtig

Letztlich ist es dieser Aufwand, der den Unterschied zwischen Investieren oder Spekulieren ausmacht. Denn nur wenn Du die Arbeit auf Dich nimmst und Dich mit den Konsequenzen Deiner Anlagen im Einzelnen und insgesamt beschäftigst, ist es keine Spekulation. Es kann sogar passieren, dass eine Wertveränderung schnell eintritt und Du nach kurzer Anlagedauer wieder aussteigst. Dennoch bleibt es eine Investition. Aber Dir keine Gedanken zu machen ist, bedeutet zu spekulieren.

Investieren oder Spekulieren ist allerdings nicht schwarz oder weiß. Es gibt eben auch die Grautöne dazwischen. Du entscheidest selbst, mit der Zeit und der Gedanken, die Du für die Auswahl der Anlagen aufwendest, was Du tust. Im Zweifel hilft Dir eine gute App (oder ein guter Berater).