Eine Investition in Anleihen kann einfach und langweilig sein. Du kaufst eine Anleihe mit einer gewissen Rendite bis zum Ende der Laufzeit. Wenn der Ausgeber der Anleihe die Zinsen bedienen kann und am Ende die Laufzeit zurückzahlt, wirst Du genau diese Rendite bis zum Ende erzielen. So weit, so gut.
Ein Emittent könnte bspw. eine Anleihe zum Nominalwert von 100 EUR ausgeben und dafür einen Zins von 3 % für 10 Jahre bieten. Dann zahlst Du bei der Ausgabe 100 EUR und bekommst dafür 9 Jahre jeweils 3 EUR ausgezahlt. Im 10. Jahr erhältst Du neben den 3 EUR noch den Nominalwert der Anleihe von 100 EUR. Anschließend ist die Anleihe getilgt und damit der Kredit durch den Emittenten getilgt.
Anleihen können aber auch spannend und herausfordernd sein, wenn Du nicht sicher bist, ob Du sie wirklich bis zum Laufzeitende behalten möchtest. Denn in der Zwischenzeit, also von der Ausgabe bis zum Laufzeitende, wird die Anleihe zu einem Kurs gehandelt, der durchaus vom Nominalwert abweichen kann. Liegt der Kurs über dem Nominalwert, machst Du einen zusätzlichen Gewinn. Liegt er jedoch darunter, einen Verlust. Deswegen lohnt es sich, sich damit auseinanderzusetzen, bevor Du in Anleihen investierst.
Warum schwankt der Kurs von Anleihen?
Der Grund dafür ist sehr einfach zu verstehen. Wenn eine neue Anleihe ausgegeben wird, bietet der Emittent dafür einen Zins. Dieser hat ein gewisses Verhältnis zum aktuellen Zins am Markt für eine Geldanlage dieser Laufzeit. Dieser Zins am Markt kann sich jedoch verändern. Das führt dazu, dass der Emittent der Anleihen jetzt einen anderen Zins bieten kann oder muss, um seine Anleihen zu verkaufen.
Sind die Zinsen bspw. seit der Ausgabe der Anleihen gestiegen, von 3 % auf 4 %, so wird niemand mehr eine Anleihe für 100 EUR kaufen, die nur 3 EUR Zinsen bezahlt. Wenn die Anleihe nur noch ein Jahr läuft, wäre ein fairer Preis nur noch 99 EUR. Denn dann wäre der Zins zwar nur 3 EUR, aber die Rückzahlung zum Nominalwert von 100 EUR würde noch für einen zusätzlichen Gewinn von 1 EUR sorgen. Die Zinssteigerung um 1% bei einem Jahr Laufzeit hat damit den Kurs um 1 % oder einen EUR sinken lassen.
Umgekehrt steigt der Kurs, wenn der Zins fällt. Beträgt dieser nur noch 2 %, die der Emittent heute bezahlen müsste, würde niemand seine Anleihe zum Nominalwert verkaufen, weil diese einen Zins in Höhe von 3 EUR bezahlt. Beträgt die restliche Laufzeit wieder nur ein Jahr, so wäre ein fairer Kurs 101 EUR. Die letzte Zinszahlung wäre zwar dennoch 1 EUR höher als der Marktzins erwarten lassen würde. Aber bei der Rückzahlung machst Du einen Verlust von 1 EUR, was diese erhöhte Auszahlung wieder ausgleicht.
Das Kursrisiko von Anleihen kann beträchtlich sein
Die beschriebenen Fälle beschreiben jedoch Restlaufzeiten von genau einem Jahr. Bei kurzen Restlaufzeiten ist das Risiko damit gering. Sind sie jedoch länger, können auch die Kursveränderungen deutlicher sein. Denn bei einer 25-jährigen Restlaufzeit muss der Kurs nicht nur eine Zinszahlung ausgleichen, sondern gleich 25. Hinzu kommt, dass sich der Kurs durchaus um mehr als 1 % verändern kann. Eine 2 % Zinssteigerung bei einer 25-jährigen Restlaufzeit ergibt im Ergebnis einen Kursverlust von fast 40%. (Zwar etwas weniger als die Abschätzung von 50 % mit 25 * 2 %, aber dennoch nicht unerheblich.)
Die Kursveränderung bedeutet nichts anderes, als dass die veränderten Erträge jeden Jahres nach vorne gezogen werden. Im Guten und im Schlechten. Bis zum Ende der Laufzeit wird sich die Situation damit nicht weiter verändern, wenn die die Zinsen konstant bleiben. Sind die Zinsen gefallen, ist dadurch der Kurs gestiegen und genau dieser Unterschied entspricht den nun nicht mehr zu erzielenden Zinsen. Umgekehrt, wenn die Zinsen gestiegen sind und dadurch der Kurs gefallen. Dann entspricht der Kursverlust den zukünftigen zusätzlichen Zinsen.
Die Veränderung des Marktzinses ist daher ein großes Risiko bei Anleihen. Bei einer Anleihe, die bis zur Fälligkeit gehalten werden soll, ist das zu vernachlässigen, aber dann gibt es das Konkursrisiko des Emittenten. Bei Staatsanleihen ist es in der Regel zwar geringer als bei Unternehmensanleihen, aber es verschwindet nicht völlig. Insofern musst Du Dich entscheiden, welches Risiko Du vorziehst.
Die Höhe des Kursrisikos kannst Du beeinflussen
Es ist schwierig, die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Anleihe zu bestimmen. Aber dieses Risiko kann reduziert werden, wenn Du in mehrere Anleihen investierst. Das Problem ist jedoch, dass das einerseits mehr Geld erfordert und andererseits die Anforderungen der Prüfung deutlich erhöht. Außerdem musst Du immer Anleihen finden, deren Laufzeit zu Deinen Wünschen passen. Ansonsten kommst Du nur an Dein Geld, wenn Du das Kursrisiko zusätzlich in Kauf nimmst.
Du kannst jedoch auch in Fonds von Anleihen investieren, um das Ausfallrisiko zu diversifizieren. Denn selbst wenn wirklich eine der vielen Anleihen des Fonds ausfallen sollte, ist das eindeutig weniger schlimm, als wenn es Deine einzige wäre. Außerdem hast Du die Möglichkeit, die Höhe des Kursrisikos zu beeinflussen. Dies erreichst Du, in dem Du Fonds kaufst, deren Restlaufzeiten Deinem gewünschten Risiko entsprechen. Wenn Dir das Kursrisiko bei langen Restlaufzeiten von 20 Jahren zu hoch ist, kannst Du einen Fonds mit nur 10 Jahren wählen. Bei 5 Jahren oder Kurzläufern von 2 Jahren oder kürzer ist es langsam zu vernachlässigen, dafür sind die Renditen allerdings auch üblicherweise geringer als bei längeren Restlaufzeiten.
Damit stellt sich die Frage, wann Du in Anleihen investieren solltest. Nach den oben beschriebenen Risiken ist es problematisch, wenn die Ausfall- oder Kursrisiken hoch sind. Aber wann ist dies der Fall? Je besser es der Wirtschaft geht, desto geringer sind Ausfallwahrscheinlichkeiten im Allgemeinen und umgekehrt. Je niedriger die Zinsen sind, desto größer ist die Gefahr für Kursverluste aufgrund steigender Zinsen, und – ebenfalls – vice versa.
Wann lohnen Investitionen in Anleihen?
Seit dem Hoch der Zinsen in den siebziger Jahren sind die Zinsen fast nur gefallen. Dies waren hervorragende Zeiten für Anleihebesitzer, weil die Anleihen im Wert gestiegen sind. Andererseits hat dies immer nur die Gewinne nach vorne gezogen, so dass die folgende Investition in eine andere Anleihe wenig Sinn gemacht hat. Es hat sich also angeboten, die Gewinne vorzeitig einzustreichen und anschließend in eine andere Anlageklasse mit besseren Perspektiven zu investieren.
In den letzten Jahren war die Situation eher umgekehrt, weil Zinsen nahe 0 % nur steigen konnten. Dann musst Du beim vorzeitigen Verkauf der Anleihe entweder Verluste akzeptieren oder diese länger halten, was bei 0 % Zins nicht attraktiv ist. Eine Investition in Anleihen in diesem Umfeld war damit eher nicht zu empfehlen. Wenn überhaupt, dann allenfalls Kurzläufer, um eben nicht überrascht zu werden.
Im aktuellen Marktumfeld mit Zinsen in Höhe von gut 4 % ist das wieder anders. Eine Investition macht durchaus Sinn, weil 4 % deutlich mehr ist als die letzten Jahre. Wer mit weiter steigenden Zinsen rechnet, sollte bei den Restlaufzeiten aber kürzere wählen, bspw. bis 5 oder 7 Jahre. Wer aufgrund der stark angewachsenen Kredite der Ansicht ist, dass steigende Zinsen zu Insolvenzen und damit höheren Ausfallraten führen, sollte noch kürzere Laufzeiten wählen oder Anleihen ganz meiden.
Anleihen darfst Du nicht vernachlässigen!
Wer glaubt, dass die Zinsen wieder fallen, weil die Wirtschaft in eine Rezession kommen wird, darf auch längere Laufzeiten wählen. Dann kann er entweder lange von den aktuellen Zinsen profitieren oder vorzeitig mit Gewinn verkaufen. Bei allen Überlegungen muss jedoch klar sein, dass es immer auch anders kommen kann.
Die große unbekannte bei Anleihen ist jedoch immer die Inflation. Denn wenn die Rendite der Anleihe darunter sinkt, verlierst Du an Wert. Aber nur realer Wertzuwachs ist eine gute Anlage. Dieses Risiko kannst Du jedoch ebenfalls umgehen, weil es Anleihen mit Inflationsschutz gibt. Diese bieten deutlich geringere Zinsen, aber dafür wird die Inflation sowohl bei den Auszahlungen als auch der Rückzahlung ausgeglichen. Falls Du in Zukunft hohe Inflation erwartest, solltest Du also diese Anleihen wählen oder gut überlegen, ob Anleihen die richtige Wahl sind.
Anleihen sind damit durchaus eine gute Alternative zu Festgeld oder gar liquiden Mitteln. Auch wenn es die wenigsten glauben, liegen deren Renditen in vielen Marktphasen sogar über denen von Aktien. Vergessen solltest Du Anleihen bei der Zusammenstellung Deiner Vermögensaufteilung daher keinesfalls. Selbst wenn eine Investition für Dich manchmal nicht sinnvoll ist, die Zeiten werden sich auch wieder ändern.