Aktien sind Sachwerte, denn sie sind schlicht Anteile an Unternehmen. Mit jeder Aktie gehört Dir ein Teil des Unternehmens: ein Anteil an den Gebäuden, Maschinen, Autos, Inventar und allem, was dem Unternehmen sonst noch gehört. Mit der Inflation steigen die Werte dieser Güter an und hoffentlich kann Dein Unternehmen die Preise der eigenen Produkte erfolgreich anheben, ohne dass seine Kunden weniger davon kaufen. Wenn das klappt, wird der Wert Deiner Aktien mit der Inflation steigen und der gewünschte Effekt tritt ein. Die Aktien schützen Dich vor Inflation.

Aber ganz so einfach ist es meistens leider nicht, denn nicht alles passiert gleichzeitig. Es kann also passieren, dass erst die Energiekosten ansteigen, dann die der Vorprodukte und anschließend die Löhne. In welcher Zeit das Unternehmen selbst die Preise der eigenen Produkte anheben kann, ist ebenfalls fraglich, zumal die Kunden nicht durch eine große Erhöhung abgeschreckt werden sollen. Es kann daher sein, dass die Gewinne der Unternehmen zunächst ein wenig zurückgehen, bevor sie durch die Inflation sogar über ursprüngliche Höhe steigen.

Langfristig ist der Aktienmarkt der Inflation überlegen

Als Einstieg in die Betrachtung lohnt es, einen langen Zeitraum für Aktien und Inflation zu betrachten. Als Beispiel wählen wir den amerikanischen Markt aus, für den Aktienmarkt den S&P 500. In der Zeit von 1950 bis 2022 hat die Inflation die Preise gut verzwölffacht. Dies bedeutet, dass ein US Dollar nur noch gut 8,1% des ursprünglichen Wertes besitzt. Aber glücklicherweise sind die Aktien in der gleichen Zeit unglaublich gestiegen, auf den 230-fachen Wert. Ein USD wurde also zu gut 230 USD, die allerdings nur noch rund 18,80 USD wert waren. Immer noch eine beeindruckende Wertsteigerung.

S&P 500 im Vergleich zur Inflation, langfristig

Allerdings hat die Betrachtung eine Schwachstelle, die sich nicht vollständig klären lässt. Denn wir nicht, wie der Aktienmarkt 1950 und 2022 bewertet war. Sollte der Aktienmarkt 1950 unterbewertet gewesen sein und 2022 überbewertet, dann wird die tatsächliche Rendite deutlich überschätzt. Im umgekehrten Fall, dass 1950 eine über- und 2022 eine Unterbewertung vorlag, wäre diese sogar noch höher. Ist die Bewertung zu beiden Zeitpunkten gleich, so dürfte die Rendite aber zumindest ungefähr richtig sein.

Nach meiner Einschätzung, basierend auf verschiedenen Bewertungsmaßstäben  wie dem Vergleich der Bewertung des Wertes des Aktienmarktes im Vergleich zur Wirtschaftsleistung, ist die Bewertung aktuell sehr hoch. Ohne jetzt einen Faktor abzuleiten zu versuchen, dürften wir keinen Fehler machen, den Faktor von knapp 19 als obere Grenze zu sehen. Denn der entspricht einer realen Rendite von gut 4,1% pro Jahr und selbst wenn es nur 3% oder 2% wären, immerhin noch eine deutliche Wertsteigerung.

Der Durchschnitt ist für den Einzelnen nicht aussagekräftig

Sich aber einfach darauf zu verlassen, dass alles auch so in der Zukunft kommen wird, ist gefährlich. Denn was ist, wenn es zwischenzeitlich deutlich schlechter läuft? Nehmen wir die Jahre 1973 und 1974, in denen die Inflation gut 6% und 11% betrug, der Aktienmarkt aber gleichzeitig noch gut 17% und knapp 30% gefallen ist. Insgesamt mussten Aktieninvestoren damit einen Wertverlust in Höhe von gut 50% aushalten, nämlich 22% und 37% hintereinander. Gut, das sind 2 schlechte Jahre hintereinander, aber 3 schlechte mit 45% Rückgang gab es 2000-2002. Einzelne Jahre mit 15% oder mehr Rückgang gab es auch 1957, 1966, 1969, 1977, 1981 und 2022. Dazwischen sticht 2008 mit 41% Rückgang in einem Jahr heraus.

Einzelne Jahre, oder auch zwei bzw. drei, muss ein Investor aushalten, wenn er in eine risikoreiche Anlageklasse investiert. Aber was ist, wenn der Zeitraum länger wird? Also bspw. 10 Jahre, oder sogar 20 Jahre? Dann wird es bereits schwer, noch auf der Gewinnerseite zu stehen, zumal Du es Dir nicht aussuchen kannst, in welchem Zeitraum Du investierst. Werfen wir deshalb einen Blick auf die gleiche Grafik von oben, beschränken uns jedoch auf den Zeitraum von 1959 bis 1985.

S&P 500 im Vergleich zur Inflation, kurzfristig

Jetzt sieht die Grafik komplett anders aus. Die Inflation hat den USD um Faktor 3,69 entwertet, also auf 27,1%. Aber die Aktien sind nur um Faktor knapp 3,53 gestiegen, also etwas geringer als die Inflation. In dem Fall haben die Aktien also vor der Inflation geschützt, aber die reale Rendite war ungefähr 0%. Das sogar über einen Zeitraum von 25 Jahre, wobei die Aktien besonders in den letzten 4 Jahren, von 1981 bis 1985 einen guten Lauf hatten und den Rückstand aufholen konnten. Daher lohnt es sich, selbst diesen Zeitraum noch genauer zu betrachten.

Von 1959 bis 1972 lagen die Aktien vorne, anschließen von 1973 bis 1985 die Inflation, wobei es sich jeweils zum Ende des Zeitraum ausgeglichen hat. Es kann also durchaus sein, dass Du einen solchen Zeitraum erwischst, in dem es durchaus ein Jahrzehnt gegen Dich laufen kann. Dafür solltest Du Dich entweder mental vorbereiten, oder versuchst Dich davor zu schützen. Das ist aber nicht einfach und erfordert, dass Du den Markt timst. Du musst also prognostizieren, was passieren wird oder passieren kann und Dich so aufstellen, um nicht hart davon getroffen zu werden.

Timing ist schwer, aber Geld verlieren tut weh

Die Inflation ist deswegen wie eine Steuer zu sehen, die sehr hoch sein kann. Aktien werden Dich jedoch nicht immer schützen, besonders zu Beginn, wenn die Inflation ansteigt. Hier können andere Anlageklassen interessant sein. Sind die Zinsen deutlich unter der Inflation, also negative Realzinsen, können Edelmetalle interessant sein, weil diese über lange Zeiträume die Inflation ausgleichen. Vermietete Immobilien spielen ebenfalls ihre Stärken aus, besonders wenn sie noch mit Krediten belastet sind. Denn dann kann mit steigenden Mieten ein nominaler Kredit zurückgezahlt werden, dessen Wert mit der Inflation sinkt.

Es ist schwer, die Inflation zu prognostizieren. Deshalb ist es wichtig, dass Du Dein Inflationsrisiko zumindest kennst, um ein Gefühl dafür zu haben, ob Du Dich schützen solltest. Ist es hoch, solltest Du unbedingt Maßnahmen ergreifen, Deine Vermögensaufstellung so zu ändern, dass Du es sinkt. Ist es allerdings gering, musst Du Dir auch keine Gedanken machen und es ist eher eine Chance. Bzw. die Inflation stellt eine Chance dar, die Du nutzen kannst, um davon zu profitieren.