Gold steigt nicht im Wert!

Das Edelmetall hat seine Stärken als Versicherung. Aber das ist auch eine kleine Wette auf eine Situation, die man nicht erleben will.

Der Preis für Gold hat im April zum ersten Mal 3.500 US-Dollar überschritten. Gemessen in US-Dollar hat sich der Wert damit durchaus gesteigert. Aber es gibt auch eine andere Möglichkeit der Betrachtung. Gold hat sich nicht verändert, sondern der Wert des US-Dollars ist gesunken. Dafür spricht, dass zur Zeit der Römer vor gut 2.000 Jahren der Preis für eine handfertigte Toga eine Unze Gold war. Heute entspricht der Preis einer Unze Gold ungefähr dem eines maßgeschneiderten Anzugs.

Gleiches gilt für den Preis eines durchschnittlichen Hauses in den letzten 100 Jahren. Im Jahr 1915 haben rund 169 Unzen Gold ausgereicht, um beim Preis einer Unze in Höhe von 18,99 Euro ein durchschnittliches Haus im Wert von 3.200 US-Dollar zu kaufen. Aktuell bei einem Preis von ungefähr 3.300 US-Dollar pro Unze Gold sind dafür 125 Unzen notwendig, um den durchschnittlichen Preis von 414.000 US-Dollar zu bezahlen.

Über lange Zeiträume funktioniert der Inflationsschutz offensichtlich, aber kurzfristig sind die Schwankungen groß. Gold steigt also nicht im Wert, es behält seinen Wert. Die Illusion der Wertsteigerung kommt aus dem Wertverlust der Währung. Im Jahr 1915 konnten mit 2.000 US-Dollar mehr als 100 Unzen Gold gekauft werden, während die gleichen 2.000 US-Dollar heute nicht für eine ausreichen. Für den US-Dollar ist der Vergleich dabei noch einfach, aber in Deutschland gab es im gleichen Zeitraum sogar mehrere Währungen. 1915 gab es die Mark, dann kurz die Rentenmark und anschließend die Reichsmark. Die Deutsche Mark galt ab 1948 und seit 1999 gibt es den Euro. Das ist bestimmt kein Werterhalt.

Der Goldbestand ist stabil – die Geldmenge nicht

Selbst für kürzere Zeiträume haben künstliche Währungen keine gute Bilanz gegenüber Gold. Der Schweizer Franken hat von 1999 bis heute 81% seines Wertes verloren und schneidet damit noch am besten ab. Der kanadische, der australische und der US-Dollar sowie der chinesische Yuan und der Euro verloren allesamt zwischen 87% und 89% und der japanische Yen sogar 92%.

Ein Grund könnte sein, dass der Goldbestand im Wesentlichen stabil ist und nur neu geschürftes Gold hinzukommt. Die Geldmenge dagegen kann von jeder Regierung beliebig ausgeweitet werden.

Während der Goldbestand 1915 bei 39.091 Tonnen lag, waren es Ende 2023 bereits 212.582 Tonnen. Das entspricht aber lediglich einer Steigerung von 1,58% pro Jahr. Im gleichen Zeitraum ist jedoch die Geldmenge von 30 Milliarden US-Dollar auf 20.827 Milliarden gestiegen. Das entspricht einer jährlichen Steigerung in Höhe von 6,25%.

Die Geldmenge pro Unze ist entsprechend von 23,87 US-Dollar auf 3.047,29 US-Dollar gestiegen, immerhin eine Steigerung von 4,59% pro Jahr. Das ist etwas mehr als der Anstieg des Goldpreises von 18,99 US-Dollar auf 1.943,08 US-Dollar (Ende 2023), wobei der Goldpreis einer Unze aktuell schon bei 2.400 US-Dollar liegt. Die jährliche Steigerung lag damit bei 4,38%.

Gold lohnt nicht zur Wertsteigerung

Aus diesem Grund lohnt eine Investition in Gold nicht aus Sicht der Wertsteigerung. Wer heute Gold kauft wird langfristig nicht mehr für sein Gold bekommen, als heute möglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist Gold keine Investition, die nach dem Gesichtspunkt der Rendite beurteilt werden sollte, sondern vielmehr als eine Versicherung.

Denn wer heute Gold physisch besitzt, ist unabhängig. Er kann das Gold später wieder zum gleichen Wert verkaufen und benötigt für den Erhalt des Wertes bis zu diesem Zeitpunkt keine Gegenpartei.

Aus diesem Grund ist es schwer, eine pauschale Empfehlung für den optimalen Goldanteil in der Vermögensaufteilung zu bestimmen. Denn es kommt beispielsweise auf die Höhe des Vermögens an und auf das gewünschte Vermögenswachstum. Wer nur geringes Vermögen hat und sich im Aufbau befindet, braucht weniger Gold.

Wer bereits ein beachtliches Vermögen hat, von dem er lebt oder welches er sogar verzehrt, für den ist Schutz wichtiger. Zwischen den Extremen kommt es sehr auf die individuelle Situation und die persönliche Risikoeinschätzung an, wie hoch der Anteil sein sollte.

Das Rezessions-Szenario

Aber auch die wirtschaftliche Einschätzung der Zukunft spielt eine große Rolle. Wer finanzielle Repression erwartet, also eine hohe Inflation bei gleichzeitig niedrigen Zinsen ohne Wirtschaftswachstum oder gar mit einer Rezession, liegt mit Gold richtig. Aber niemand sollte sich ein solches Szenario wünschen.

Denn wenn es eintritt, wird die Geldentwertung die Menschen hart treffen. Die Gewinne der Unternehmen und damit die Aktienkurse werden fallen und es wird zu vielen Entlassungen kommen. Normale Anleihen werden durch die Inflation entwertet und nur inflationsgeschützte Anleihen erhalten zumindest ihren Wert.

Sollte ein solches Szenario eintreten, wird Gold seine Stärke ausspielen. Aber häufig ist diese Konstellation nicht. Notenbanken und Regierungen werden alles unternehmen, eine solche Phase zu verhindern. Gelingt Ihnen das nicht, werden sie wenigstens versuchen, die Dauer zu begrenzen.

Wer jedoch mit einer solchen Phase rechnet, also die Wahrscheinlichkeit des Eintritts in der nahen Zukunft hoch einschätzt, sollte einen höheren Anteil am Vermögen in Gold anlegen.

Ob ein passender Goldanteil des Bruttovermögens im Bereich 1%, 5% oder sogar 15% liegt, muss jeder Anleger anhand der genannten Aspekte selbst festlegen. Die vorhandene Vermögensaufteilung sowie deren Schutz für das zu „versichernde“ Szenario, für das auch Gold gedacht ist, sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Wer sich dann entschieden hat in Gold zu investieren, muss sich noch für die Art der Umsetzung entscheiden. Am einfachsten ist der Kauf von Exchange Traded Commodities (ETC). Das sind Schuldverschreibungen, mit denen Anleger die Rohstoffe nicht direkt besitzen, sondern an der Wertentwicklung beteiligt werden.

Bei der Wahl des richtigen ETCs ist der Verkauf nach einem Jahr ebenso wie bei physischem Gold steuerfrei. Das ist damit kostengünstig, aber mit einem Kontrahentenrisiko behaftet. Gerade in Zeiten großer Krisen könnte das nicht ausreichend sein.

Physisches Gold ist teuer, hat aber Vorteile

Dann lohnt es sich, auf physisches Gold zu setzen. Damit spielt Gold seine Stärke als Versicherung wirklich aus. Allerdings ist das teuer, weil der Aufschlag gegenüber dem Spotpreis durchaus ein paar Prozent betragen kann. Je größer und standardisierter der Goldbarren ist, umso geringer ist der Aufschlag. Je nach Höhe der gewünschten Investition bieten sich Barren mit verschiedenen Gewichten an. Um Flexibilität beim Verkauf zu haben, ist eine Stückelung in mehrere kleinere Barren vorzuziehen, selbst wenn ein Gewicht gekauft wird, für das ein großer Barren existiert.

Interessant ist, dass einige Fonds die physische Lieferung anbieten. Das kann eine günstige Möglichkeit sein, physisches Gold zu kaufen, allerdings können Gebühren anfallen oder es müssen Vorgaben für Mindestmengen beachtet werden. Die Dauer zwischen Kauf und Anlieferung kann in dieser Variante jedoch durchaus mehrere Wochen betragen, in denen keine Verfügungsgewalt über das Gold gegeben ist.

Aber mit dem Kauf ist es noch nicht getan, weil das Gold anschließend gelagert werden muss. Ein wenig Gold kann einfach im Haus versteckt werden, aber ab einer gewissen Höhe reicht die klassische Hausratversicherung nicht mehr aus. Wer mehr versichern möchte braucht dann außerdem einen Safe. Einfacher kann es sein, ein Schließfach bei einer Bank zu mieten. Eine zusätzliche Versicherung ist auch dafür notwendig, weil die Bank höchstens einen geringen Wert versichert.

Alternativ kann es in einem Zollfreilager untergebracht werden. Das kostet zwar deutlich mehr, durchaus bis zu 2% pro Jahr, dafür gibt es keine Begrenzung der Menge. Außerdem ist das physische Gold wirklich dem Eigentümer zugeordnet. Am besten erfolgt die Lagerung im Ausland, damit der Staat selbst bei einer Änderung der Gesetze keinen Zugriff darauf hat. Wer das für abwegig hält, sei an das Goldverbot in den USA aus dem Jahr 1933 erinnert. Selbst wenn Gold langfristig nicht im Wert steigt, auf den Werterhalt kommt es an!